Montag, 4. Mai 2015

Zuvielisation

Murmelnd, haspelnd, fingerraspelnd,
rasend oder starr vor Wahn.
Sitzen sie (beim Atmen rasselnd)
täglich in der Strassenbahn.

Blicke treffen sich und harren
für unbequeme Ewigkeiten.
Wie Menschen durch die Strassen karren,
wie überspannte Nervensaiten.

Die Norm erscheint mir abnormal,
je mehr ich von ihr sehe.

Bald sitz ich selbst erkaltet starrend,
weil ich sie nicht verstehe.

2 Kommentare:

  1. Der Text gefällt mir sehr gut. Zugleich ist es ein seltsamer Zufall, vor vielen Jahren habe ich selbst ein sehr ähnliches Gedicht geschrieben. Ich hoffe, Du erlaubst, dass ich es hier poste:

    Lied des Straßenbahnfahrers

    Gesichter in Straßenbahnen
    blicken stumm in die Welt hinaus;
    mit toten Augen zu ahnen
    ihr Leben, was wurde daraus?

    Vorbei an grauen Fassaden,
    es geht ihre Fahrt ohne Halt
    durch längst ergraute Arkaden,
    stets fahrend, sie scheinen so alt.

    Und kreuzt ein Waggon Deine Wege,
    so blicke hinein,
    erschrecke Dich nicht:
    zurück blickt mein graues Gesicht.

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    1. Danke für dein Gedicht! Es freut mich dass es dir gefällt. Dein Gedicht trifft die Atmosphäre sehr gut. Manchmal kommen mir die Leute in der Strassenbahn vor wie Puppen. Ziemlich unheimlich, vor Allem kurz nach Feierabend ;-)

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